Seit jeher stehen Romanverfilmungen im Fokus unserer Rubrik CineLit. In dieser Sonderausgabe richten wir unsere Aufmerksamkeit – anlässlich unseres Schreibwettbewerbs – stattdessen auf Autorenschicksale, die es auf die große Leinwand geschafft haben. Der Blick hinter die Kulissen literarischer Werke lohnt sich: Jeder Schriftsteller hat seine eigene, einzigartige Geschichte, die bewusst oder unbewusst Teil seines Schaffens ist. Was die Frage aufwirft: Wie viel Autor steckt in einem Werk und lässt sich dieser Zusammenhang auch filmisch transportieren? Verschiedene Regisseure haben sich kürzlich daran versucht:
Saving Mr. Banks – Die Vaterfigur hinter dem Kindermädchen
Wer hätte gedacht, dass sich hinter der Figur eines fliegenden und singenden Kindermädchens aus einem Kinderbuch ein tiefgründiges Autorinnenschicksal verbirgt? Fünf Oscars sprechen eine deutliche Sprache: Die Disney-Verfilmung von Mary Poppins von 1964 war ein voller Erfolg. Nur die Schöpferin der Geschichte um die magische Nannie zeigte wenig Begeisterung als es darum ging, ihr Werk filmisch umzusetzen. Warum? Darum dreht sich die anrührende Tragikomödie Saving Mr. Banks – übrigens auch eine Disney-Produktion – mit hochkarätiger Besetzung: Emma Thompson als eigensinnige Schriftstellerin Pamela Travers und Tom Hanks als ein sich anbiedernder Walt Disney in den frühen 60ern , daneben Colin Farrell als labiler Vater der Autorin. Bissige Dialoge zwischen Travers und Disney einerseits und bedeutungsvoll anrührende Kindheitserinnerungen der Autorin bilden gemeinsam das zwiegespaltene Herz des Films von Regisseur John Lee Hancock. Schmunzelnd und schluchzend lernen wir, wie viel Herzblut im eigenen literarischen Schaffen stecken kann – selbst wenn dies der Geschichte nicht ohne Weiteres zu entnehmen ist.
Goodbye, Christopher Robin – Pu der Bär als Kinderschreck
Welche Konsequenzen es haben kann, wenn die Angehörigen zu Prosafiguren werden – das zeigt die Entstehungsgeschichte von Winnie the Pooh. Dass A. A. Milne mit der Geschichte um einen kleinen jungen und dessen Stofftiere einen Kinderroman mit seinem Sohn in der Hauptrolle konzipiert hat, wirkt auf den ersten Blick gut gemeint. Doch der britische Regisseur Simon Curtis macht deutlich: Dem Autor ging es nicht darum, der Liebe für sein Kind Ausdruck zu verleihen. Sein Sohn ist vielmehr Mittel zum Zweck. Das Streben nach Erfolg und Ruhm, treibt den Vater an und lässt ihn nicht einmal vor der Vermarktung der armen Kinderseele zurückschrecken. Der Junge, der durch das Werk seines Vaters unfreiwillig in die Öffentlichkeit gedrängt wird, soll den Verkauf anheizen. Die Kindheit nimmt ein jähes Ende und mit ihr die Liebe zwischen Vater und Sohn. Domhnall Gleeson spielt den zwiespältigen Vater überzeugend und die Kulisse des märchenhaften Vater-Sohn-Sommers steht in gelungenem Kontrast zur Gefühlskälte, die er zur Folge hat.
Rebel in the Rye – Vom Fänger zum Gejagten
Selbst J. D. Salinger wurde nicht als Starautor geboren – zeigt Rebel in the Rye des Regisseurs Danny Strong. Als junger Mann brauchte Salinger viele Anläufe und musste Rückschläge und Blockaden überwinden, bis er 1951 mit Der Fänger im Roggen und insbesondere Holden Caulfield, dem verstörten jugendlichen Protagonisten, zunächst seinen Mentor und schließlich mehrere Generationen überzeugte. Worauf er jahrelang hingearbeitet hatte, jedoch ängstigt den Schriftsteller im Endeffekt: Als sein Romanheld zur Identifikationsfigur avancierte, wurde er selbst, als sein Schöpfer, vom gefeierten Autor zum Verfolgten. Sein schriftstellerisches Können trieb den Autor letztlich in Verbitterung und Isolation. Eine etwas andere Erfolgsgeschichte mit verschiedenen Facetten und namhaften Schauspielern wie Nicholas Hoult und Kevin Spacey.