Nick Hornbys „A long way down“ erzählt die Geschichte von vier Unbekannten, die sich am Silvesterabend auf dem Dach eines Hochhauses begegnen – alle mit dem gleichen Ziel: ihr Leben für immer zu beenden. Die merkwürdige Situation führt dazu, dass die Fremden ihre Lebensgeschichten miteinander teilen und einen Pakt schließen: Niemand darf sich umbringen bis zum Valentinstag, der Tag an dem am zweithäufigsten Selbstmord (Platz 1 ist der Silvesterabend) begangen wird. Maureen, Mutter eines behinderten Jungen, Martin Sharp, in Verruf geratener Fernsehstar, JJ, erfolgloser Musiker und die flippige Politiker-Tochter Jess wachsen zu einer Art Selbsthilfegruppe zusammen, die durch einige Ups und Downs geht.
Da „A long way down“ zu meinen Lieblingsbüchern zählt, konnte ich mir zunächst nicht vorstellen, dass die Verfilmung von Pascal Chaumeil, die seit dem 3. April in den deutschen Kinos zu sehen ist, jemals meine Erwartungen erfüllen könnte – und natürlich konnte der Film das wahre Gefühl des Buches nicht 100 Prozent einfangen. Interessanterweise war er jedoch alles andere als eine schlechte Umsetzung des Romans und dafür gibt es verschiedenste Gründe.
We all spend so much time not saying what we want, because we know we can’t have it.
Gefallen hat mir vor allem die Besetzung. Die Schauspieler – vor allem Imogen Poots (als Jess) und Toni Collette (als Maureen) – haben mich begeistert und die Charaktere perfekt eingefangen. Pierce Brosnan fehlte in der Rolle des Martin Sharp ein wenig die Bitterkeit und der Zynismus, die den Fernsehstar erst zu dem liebenswerten Unsympath machen, der er im Roman zweifelsohne ist. Das Setting konnte auch überzeugen. London und der „long way down“ vom Hochhaus hinunter wurden gekonnt in Szene gesetzt. Mit vielen Kameraeinstellungen aus den Perspektiven der Charakter, erschien die Inszenierung nah und sehr persönlich. Auch die Auswahl der Hintergrundmusik war feinsäuberlich abgestimmt und fing die Stimmung der Situation und die Gefühle der Figuren nuanciert ein. Einer der ergreifenden Momente des Films ist beispielweise wie die niedergeschlagene und verheulte Jess auf ihrem Bett liegt und leise und langsam „Tragedy“ von den Bee Gees vor sich her singt. Eine wahre Gänsehaut-Szene.
Even bad times have good things in them to make you feel alive.
Gefehlt hat dem Film die eine oder andere Erklärung. Ich bin mir nicht sicher, ob einem der das Buch nicht gelesen hat, nicht zeitweise ein wenig die Logik fehlte. Einige Handlungsstränge, die der Roman sorgfältig aufbaut, schienen im Film sehr schnell abgehandelt. So kommt nicht wirklich heraus, warum JJ nun wirklich so unzufrieden mit seinem Leben ist und warum die Gruppe sich überhaupt für diesen Pakt bis zum Valentinstag entscheidet. Irgendwie scheint die Gruppe schnell formiert und sich von Anfang an umeinander zu sorgen. Im Buch ist es eher ein langer Kampf bis das Verhältnis sich so entwickelt.
Das Fazit
Das wunderbare an Hornbys Roman ist der Perspektiv-Wechsel und die volle Einsicht in die Charaktere und ihre Gefühlswelt – die Geschichte aus der Sicht aller vier Figuren zu erfahren, in ihrer Art und Weise sie zu erzählen. Das konnte der Film in der Form nicht bieten. Dennoch ist die Verfilmung sehenswert, als eigenständiges Werk. Die Besetzung ist gelungen und einige Szenen gehen unter die Haut. Ob der Roman oder der Film letztlich der bessere wäre, lässt sich nicht sagen. Man sollte beides am besten separat von einander betrachten – und genießen.
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