Wochenenden sind eine prima Sache. Endlich Zeit um sich voll und ganz der Bücherleidenschaft hinzugeben. Doch der letzte Cent ist mal wieder für neue Schmöker draufgegangen? Und der frisch angefangene Roman ist so fesselnd, dass ihr keine Zeit habt um euch um so banale Dinge wie Kochen zu kümmern? Wir haben ein paar Vorschläge die das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, das Einfache mit dem Schnellen und das Gute mit dem Günstigen. Hier kommen unsere literarischen Rezepte für den großen und den kleinen Litopianer-Hunger.
Frühstück
Wer literarisch frühstücken will, kommt an Porridge nicht vorbei. Zugegebenermaßen hat Haferbrei in den klassischen Romanen nicht den besten Ruf. „Jane Eyre“ und die anderen Waisen in Lowood bekommen ihn verbrannt vorgesetzt und bei „Oliver Twist“ gibt es ihn in Form einer wässrigen Mehlsuppe, deren Name allein schon fürchterlich unappetitlich klingt (Ist natürlich nur purer Zufall, dass sich gruel auf cruel reimt.). Doch seit die hippen Food Blogs das ehemalige „Arme-Leute-Essen“ für sich entdeckt haben, ist Porridge wieder schwer angesagt. Kein Wunder, denn er hält lange satt und ist supergesund. Ob mit Milch oder Wasser aufgekocht, mit Obst, Nüssen und Honig verfeinert oder deftig mit Ziegenfrischkäse und Kresse kombiniert – Porridge kommt äußerst vielseitig daher.
Falls ihr beim Frühstück gerade kein Buch zur Hand habt, empfehlen wir als literarischen Begleiter Robert Louis Stevensons „Entführt“, denn im turbulenten Leben des jungen Waisen David Balfour ist Porridge über lange Strecken die einzige Konstante. Heimtückisch in eine Falle gelockt und um sein Erbe gebracht, muss sich der 16jährige Adlige in diesem Abenteuerroman sowohl auf hoher See als auch in den Wirren der schottischen Wildnis zurecht finden und irgendwie durchschlagen. Ein aufregender Start in den Tag und mit knapp 200 Seiten ein schlanker Appetizer, der noch Platz für mehr Lesestoff lässt.
Mittag
Es gab Zeiten, da hatte Ray Bradbury gerade einmal acht Dollar auf dem Konto. Aber Not macht macht ja bekanntlich erfinderisch und so versuchte sich der junge Schriftsteller eingeschränkt durch sein knappes Budget an diversen Variationen von Campbells Tomatensuppe. Sein Lieblingsrezept war die sogenannte Pizza Suppe. Die Zutatenliste ist überschaubar: Eine Dose Tomaten, etwas Milch und eine Packung Cracker, die man in die warme Suppe einrührt, bis sie sich auflösen. Klingt seltsam, ist aber durchaus einen Versuch wert. Ein wenig Käse darüber gestreut (denn was ist Pizza ohne Käse?!) und man hat ein durchaus annehmbares Mahl. Neben der einfachen und günstigen Zubereitung ist das größte Plus der flüssigen Pizza allerdings, dass man nicht so viel Zeit beim Kochen verliert und sich schnell wieder der Literatur widmen kann.
Wir empfehlen „Die goldenen Äpfel der Sonne“ und die zahlreichen anderen Kurzgeschichten, die Bradbury im Laufe seines Lebens verfasst hat. Denn obwohl ihm „Fahrenheit 451“ den wohlverdienten Weltruhm gebracht hat, bekommen seine Erzählungen weitaus weniger Aufmerksamkeit. Dabei haben sie mindestens genauso viel Einfluss auf die Popkultur gehabt und unsere Gesellschaft ähnlich geprägt wie die berühmte Dystopie.
Wusstet ihr beispielsweise, dass Bradbury gut 20 Jahre bevor der Butterfly Effekt in der Chaos Theorie diskutiert wurde, eben diesen in einer seiner Geschichten beschrieben hat? Oder dass seine Erzählung „Rocket Man“ den Elton John Song inspirierte? Wer Lust hat ein paar Großwildjäger auf einer Zeitreise zu begleiten, wer mit der „Copa de Oro“ Richtung Sonne reisen möchte und wer wissen will, was passiert, wenn Kinder versehentlich in andere Dimensionen hinein geboren werden, dem seien diese teilweise haarsträubenden, teilweise makabren, aber immer phantastischen Kurzgeschichten ans Herz gelegt.
Abendbrot
“I am always particularly fond of a tankard of stout and a nice Welsh rarebit.”
Unser literarisches Abendbrot findet sich in so vielen Romanen wieder, dass die Wahl eines passenden Begleitbuches schwerfallen dürfte. In „Jane Eyre“ kombinieren die Hausangestellten es mit einer Ofenzwiebel, in der Kurzgeschichte „Der Mann, der Wunder tun konnte“ von H. G. Wells nutzt der Protagonist seine neuen Superkräfte um sich diesen Happen in guter alter Tischlein-deck-dich-Manier herbei zu zaubern und in Edgar Allen Poes „Streitgespräch mit einer Mumie“ verputzt der Ich-Erzähler mal eben so fünf Pfund davon vor dem Schlafengehen. Die Rede ist von Welsh Rabbit oder auch Welsh Rarebite – zerlassener Käse (z.B. Cheddar, weil typisch britisch und so schön gelb), wahlweise mit Senf, Bier oder Worcestersauce verfeinert und auf getoastetem Brot serviert. Eigentlich nicht besonders spektakulär, aber unglaublich lecker.
Was das Ganze mit Kaninchen zu tun hat, weiß niemand so genau. Sicher ist allerdings, dass der Name nicht unbedingt als Kompliment gegenüber den Walisern gemeint war, dass aber auch nie ein Tier dafür sterben musste, auch wenn ein französischer Übersetzer des berühmten Sir Walter Scott das „Welsh Rabbit“ in „Saint Ronan’s Well“ aus Unkenntnis zu einer walisischen Delikatesse machte, indem er dem Leser in den Fußnoten erklärte, dass die Kaninchen aus Wales besonders schmackhaft seien.
Wem Scott, Brontë, Wells und Poe zu schwer im Magen liegen, der könnte auf den Spionageroman „Die neununddreißig Stufen“ des Schotten John Buchan ausweichen. Oder man macht sich einen netten Abend mit einem echten Waliser. Wie wäre es zum Beispiel mit Bestseller von Ken Follett, einen Roman von Martin Amis, den wunderbaren Geschichten von Roald Dahl oder Gedichten des berühmtesten walisischen Poeten Dylan Thomas?
Allen, die jetzt Lust bekommen haben sich auch kulinarisch weiterzubilden und über Brei, Suppe und Toast hinaus auf literarischen Pfaden zu wandeln, sei zum Schluss „A Literary Feast“ als Wegweiser empfohlen. Literarisch inspirierte Rezepte, mit denen ihr beim nächsten Familienfest garantiert punkten werdet.